Die LVBS - Kolumne: Gedanken zur Woche

dirkbaumbach2019

zu verpflichtende Arbeitszeitkonten gegen den Lehrkräftemangel.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Fürsorgepflicht unseres Arbeitgebers geht bei der Herangehensweise an den Lehrkräftemangel in die nächste Runde: Ich unterstelle dem SMK, dass man mit einer Arbeitszeitstudie herausfinden möchte, dass Lehrkräfte in Sachsen  noch Reserven für eine oder vielleicht sogar zwei Wochenstunden haben.  Das ganze verpackt man dann in ein verpflichtendes „Arbeitszeitkontenmodell“. Darauf setzend, dass Schülerzahlen wieder sinken und eine Rückerstattung stattfindet -  dafür fehlt mir ehrlicherweise der Glaube.

Eins vorweg: Denen den man eine Deputatserhöhung angekündigt, können nichts für verfehlte Personalpolitik und Sparsamkeitsdoktrin. Und auch heute ist ein Personalentwicklungskonzept nicht vorhanden.

Was heißt es denn, Arbeitszeitkonten konkret für die berufsbildenden Schulen einzuführen oder zu denken?

Erstens: Wir haben bereits an den BSZ ein „Arbeitszeitkontenmodell“. Im ersten Halbjahr  eines Schuljahres unterrichten viele Lehrkräfte bereits seit ewigen Zeiten mehr als ihr Wochenstundendeputat, um im Halbjahr zwei – wo Freiräume dies ausgleichen sollten – geschickt Vertretungsunterricht, Prüfungsaufgabenerstellung und –korrekturen, manchmal gar der Umzug in ein benachbartes Gebäude oder die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen im eigenen Fachbereich den Ausgleich eröffnen sollen. Die Auflistung ist mitnichten vollständig.

Zweitens: Glaubt man der SWK Studie, dann wird in den kommenden 20 Jahren von keiner Entspannung im Lehrkräftemarkt  an den beruflichen Schulen zu rechnen sein. Gerade für die berufsbildenden Schulen werden künftige Ausbildungsberufe nachgefragt, die es heute noch gar nicht gibt. Da wird man mir nicht versprechen, die heute mehrgeleisteten Stunden abzusetzen.

Drittens: Vielen älteren (und jüngeren) Kollegen ist die, Anfang der Neunziger, eingeführte zeitweise Erhöhung noch im Gedächtnis. Es darf also durchaus gestattet sein, mal eine „Abrechnung“ zu machen. 30 Jahre im sächsischen Schuldienst, nur mit einer Stunde mehr gerechnet, bei 36 Schulwochen – sind über 1000 Stunden – da ist locker ein Jahr schon mehr geleistet.

Viertens: Braucht es noch eine Studie, um Herauszufinden wie und ob Lehrkräfte noch Reserven haben? Drücke ich künftig einen Taxomat, wenn ich mit Ausbildungsbetrieben telefoniere oder Klausuren korrigiere? Eine reguläre Arbeitswoche liegt bei mir weit über der 60 Stundenmarke und hier bin ich fest davon überzeugt: bei Ihnen auch.

Fünftens: Die Ankündigung, etwas „verpflichtend“ umzusetzen, stößt bei mir von vornherein auf Ablehnung. Freiwilligkeit ist das Zauberwort, um Menschen zu motivieren und direkt anzusprechen. Ebenso fällt es mir unsäglich schwer, wenn Fachspezialisten – und die gibt es nun mal zu Hauf an den BSZ – in anderen Lernbereichen eingesetzt werden.

Sechstens: Der Mangel wird gleichmäßig verteilt. Lehrkräfte der berufsbildenden Schulen helfen – freiwillig oder unfreiwillig - auf Abordnungsbasis anderen Schularten.  Während so eine Abordnung an eine benachbarte Oberschule noch denkbar ist, weil man eine gewisse fachliche Affinität erkennen könnte, wird mittlerweile von unserer Schulart auch an Grundschulen abgeordnet. Die Chance, einem Schüler nach knapp 10 Jahren an der eigenen Schule am BSZ wieder zu begegnen, nachdem man ihn in der Grundschule schon unterrichtet hat, steigt da deutlich.

Zur Teilzeit und Sabbatjahrgewährung werden die Anträge einer Einzelfallprüfung unterzogen. Für Teilzeitansprüche gibt es gesetzliche Grundlagen. An denen ist nicht zu rütteln. Beim Sabbatical werden dienstliche Gründe als Ablehnung zu benennen sein. Aber ist es nicht gerade die Option, die besondere Form des Sabbaticals in seine Lebensplanung aufzunehmen, die für Attraktivität des Lehrberufes spricht. Wenn das Interesse der Schule dem nicht entgegensteht, dann sollte eine Zusage erfolgen. Allein darauf abzustellen und den Bedarf einer Region als Ablehnungsgrund zu postulieren und dann abzuschmettern, kann man sich bei der geringen Antragsquote sparen.

Fazit: Das SMK möchte möglichst viele Lehrkräfte in Vollzeit beschäftigen. Das ist sicherlich nicht verwerflich, wohl wissend dass Teilzeit ja für jeden ein „Minusgeschäft“ ist. Die unteilbaren Aufgaben bleiben ja erhalten und werden durch die Unterrichtsreduzierung intensiver begleitet und umgesetzt. Solange allerdings Vollzeitunterricht mit seinem enormen Arbeitspensum, fehlenden Klassenleiterstunden,  fehlenden Assistenzsystemen, …,  unattraktiv ist, werden die Rückkehrquoten aus der Teilzeit wie auch die Motivierung nach Mehrarbeit eher zur Flucht aus dem Beruf führen statt dem Mangel Einhalt zu gebieten.

Herzlichst Ihr

Dirk Baumbach

1. Vorsitzender